Mit Innovationen dem disruptiven Wandel Paroli bieten

System Management

Von Walter Braun

Innovationen sichern seit jeher die Marktmacht von Unternehmen. Neuerdings ist dafür aber eine Kultur im Unternehmen erforderlich, die Schnelligkeit, Flexibilität und Kreativität zur Bedingung hat. Zu mehrdeutig, komplex und vielfältig sind die Marktbedingungen als dass mit den üblichen Schritt für Schritt-Verbesserungen von Prozessen, Produkten und Dienstleistungen es getan wäre. Die Grenzen zwischen Idee, Planung und Umsetzung sind fließend und die gedachte Zukunft schon nach den ersten Ideen Vergangenheit. Netflix, Spotify oder Outfittery haben innerhalb kürzester Zeit die Medien-, Musik- und Bekleidungsbranche disruptiert und Traditionsfirmen in die roten Zahlen getrieben. Banken droht demnächst Ähnliches von Fintechs.

 

Interessante Ideen finden ihr Publikum

 

Sobald sich eine Idee als interessant erweist, setzt sie sich digital gestrickt rasch durch und schafft neue Märkte und Geschäftsmodelle. Wenn sich etwa heute mit 3 D-Druck selbst anspruchvolle Qualitäten bei Sportschuhen und Textilien erzeugen lassen, werden morgen Textilhersteller, Faserproduzenten und deren Zulieferer vor ihrem Anlagen- und Maschinenfriedhof stehen, wenn sie im „Mehr-vom-Gleichen“ steckenbleiben.

Um zukunftsrobust zu werden, helfen daher auch keine Old Economy Werkzeuge wie etwa ein verbessertes Marketing- und Produktmanagement oder hasenherzige Innovationen. Sie zögern den Untergang höchstens marginal hinaus. Das Feld für die Zukunft liegt vielmehr in radikalen Neuentwürfen von Geschäftszwecken und –logiken.

Bis sich ein Kunde für den Kauf eines Produktes oder einer Dienstleistung entscheidet – Experten sprechen von „customer journey“ oder „touchpoints“ – geht eine Old Economy von vielen Kontaktpunkten aus, an denen er beeinflusst werden kann. Daran knüpfte das Marketing dann seine Zielkundenstrategien und Distributionskanäle. Heute genügt ein Portal oder eine App, um Kaufentscheidungen zu befeuern.

 

Innovationen bedeuten: Terra Incognita!

 

3 D-Drucknetzwerke liefern auf einen Klick freie regionale Drucker- und Scankapazitäten. Der Datentransfer der Produktmerkmale zu geeigneten Partnern beschränkt sich etwa auf ein Bild oder eine Zeichnung. In kürzester Zeit liegt das gewünschte Teil vor. On demand Lieferung verändert so die Geschäftsmodelle von Instandhaltung und Lagerhaltung, Prototypenbau und Massenfertigung, Logistik und Service. Es ist nicht schwer, einzusehen, dass Verbesserungen im Detail keine Innovationsleistung mehr sind, sondern Innovationen in neuen, unbekannten Feldern ihren Platz finden. Neues hat dann keine Anleihe mehr im Alten. Es entsteht aus kreativen, anarchistischen und tabubrechenden Ideen. Mit alten Werkzeugen und bewahrendem Denken sind die dann nicht mehr zu generieren.

Dieser grundlegende Wandel der Wirtschaft betrifft alle Branchen. Auch Prognosen, Trends, Visionen haben daher nur noch Zeitfenster von wenigen Monaten oder Jahren. Sie liefern somit in komplexen Welten nur noch Impulse für mögliche Richtungen. Selbst Megatrends überholen sich, man muss  nur den vor zwei oder drei Jahren noch als unumstößlich ausgerufenen Trend zum Cocooning, zum Rückzug in die Privatsphäre, betrachten und sehen, wie veröffentlicht dieselbe mittlerweile stattfindet. Trends verschmelzen, erneuern sich und verschwinden wieder, kaum dass sie erschienen sind. Sie insinuieren Orientierung, beruhigen aber nur das Kontrollbedürfnis. Darauf Strategien aufzubauen, wäre fahrlässig. Der Megatrend Digitalisierung etwa ist allgegenwärtig und differenziert sich in kurzen Zyklen immer weiter aus. JOT, Smart Home, Arbeit 4.0 werden morgen schon neue Trends hervorrufen. Etwa gesellschafts- und wirtschaftspolitische Umwälzungen von kapitalfixierten Wirtschaftssystemen zu bedürfnisfixierten, in denen Einkommen keine Rolle mehr spielt.

Die Schlussfolgerung aus dieser Kurzlebigkeit lautet: nicht allzu lang mit Trends aufhalten, sondern experimentieren.

 

Innovationsszenarien erstellen und für Synergien sorgen

 

Spinnerte, denkbare oder relevante Innovationsideen sind für eine mehrdeutige, ungewisse und vielschichtige Zukunft die weißen Ritter zur Sicherung derselben. Von Digitalisierung, Agilität oder Prozessautomatisierung getriebene Innovationsthemen haben hochwahrscheinlich Schnittstellen, die sich synergetisch verknüpfen lassen und so zum ganzheitlichen Verständnis der einzelnen Innovationsideen beitragen.

Ein Logistiker führte etwa die vier Globaltrends Digitalisierung, Demographie, Mobilität und Urbanisierung zu einem Szenario zusammen, das Drohnen- und Robotikkonzepte mit ergonomisch-technisch optimierten Verteilzentren und häuserbezogenen Zustellstationen verband. Mit einem kleinen Innovationsteam, einigen wenigen Perspektivkunden, vielen kollaborativen Arbeitstechniken wie Design Thinking und Szenariosimulationen stand nach Aussagen des Projektleiters nach zwei Monaten das experimentiertaugliche Grundkonzept.

Sicherlich kann es keine Blaupausen zur Innovationsarbeit geben, aber Optionen, an denen Unternehmen entlang arbeiten und sich orientieren können:

  • unvoreingenommen, kreativ zerstörend denken,
  • multiperspektivisch Interessen(gruppen) integrieren,
  • lineares Projektdenken durch systemisches ersetzen,
  • kollaborative Arbeitsmethoden praktizieren,
  • Altes nicht diskreditieren, sondern funktional behandeln,
  • Open Source-Strategien als Impulsgeber generieren.

Technologien wachsen zusammen. Informationstechnik verknüpft sich mit der Biotechnik und revolutioniert so die KI-Branche. IT emanzipiert sich peu a peu vom Menschen. Pepper, Watson oder Industrieroboter sind hierfür nur die Vorboten. Darauf nicht kopflos zu reagieren, sondern praktische Konsequenzen für die Innovationsarbeit zu ziehen, ist die Aufgabe des Managements. Die Roadmap dafür könnte formatiert werden in die Aktionsdomänen,

  • Szenarien für Ziel- und Kundenmärkte auf der Basis von Trends betriebsbezogen entwerfen, miteinander verknüpfen und simulieren,
  • organisationale Fähigkeiten und Reserven identifizieren und mit den Szenarien verknüpfen,
  • Know-how-Partnerschaften mit internen und externen Partnern etablieren,
  • Know-how-Transfer zur grundsätzlichen Effizienzsteigerung institutionalisieren ,
  • individuelle Zukunftsfähigkeit der Human Ressources definieren und fördern,

die vernetzt und iterativ von Teams bearbeitet und vom Management verantwortet werden.

Eine Innovationsarbeit, die bestimmt aufregend und fesselnd ist, weil sie alte Zöpfe abschneiden und neue kreieren wird: aber auch eine, die Zukunft sichert.

Kommentare

Erst, wenn beide, Technik- und Prozessinnovationä, ineinandergreifen, kann von nachhaltiger Zukunft gesprochen werden. Die Ingenieure in den Topetagen tun sich da noch sehr schwer. Siehe den deutschen Autobau.

Ihr Artikel bringt das Problem der Zukunftfähigkeit durch Innovationen auf den Punkt. Allerdings fehlt m.E. der Hinweis auf die Fähigkeit des Unternehmens, Innovationen überhaupt ingang zusetzen. Wer Traditionen anhängt und Budgets auf das Tagesgeschäft hinausreichtet, wird wohl scheitern.

Mit Innovationen kann man zwar einer "Disruption" vorgreifen, aber nur, wenn sie zu einem neuen Ansatz führt. Alle eher inkrementellen Verbesserungen von Produkten und Prozessen verhindern diese sogar wie VW und Co eindrücklich beweisen

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