Warum Selbstführung Zukunft sicherstellt

System Management

Von Walter Braun

Aus dreierlei Sicht wird die Fähigkeit, sein Denken, Handeln und Fühlen in eigener Regie zielorientiert zu steuern, absichtsvoll zu verändern, wirkungsvoll zu kontrollieren und wertebezogen zu entwickeln für eine wettbewerbsstarke Betriebsführung unabdingbar.

 

Weil wir mit Selbstführung zur Wertschöpfung beitragen können

Arbeitsverdichtung, Ergebnisverantwortung und Flexibilität in der Entscheidungsfindung oder das immer wieder laut geforderte „Empowerment“ bedingen in ihrer schlichten Konsequenz selbstmotivierte und selbstbestimmt handelnde Mitarbeiter. Mitarbeiter, die ihre Stärken und Schwächen als Ressourcen erkennen und sie zum Maßstab ihrer Vorgehensweisen nutzen – frei von Direktiven und geschuldet freiwilligem Erfolgsstreben.

Eine Command- und Controlkultur und die sie verursachende Organigrammideologie passen dabei schon lange nicht mehr in eine auf Erfolg gepolte Organisation. Anspruchsvolle Ziele können leichter mit anspruchsvollen Menschen erreicht werden als mit „gehorsamen“ Pflichterfüllern. Diese scheitern spätestens dann, wenn von ihnen eigenständiges, initiatives und leistungsverantwortliches Handeln sowie Ergebnisverantwortung erwartet werden. In flachen Hierarchien und schwierigen Projekten sind das dann die Benchmarks, an denen erfolgreiche sich von weniger erfolgreichen Arbeitsgruppen unterscheiden lassen.

Unabhängig auch davon, dass Aufgaben erst im Zusammenspiel aller individuellen Ressourcen effektiv gelöst werden können und daher Eigenständigkeit erfordern. Eigenständigkeit ist auch ein Grundbedürfnis. Menschen wollen Regie und Kontrolle über ihr Tun übernehmen und nicht fremdgesteuert ihren Aufgaben nachgehen. Sie sind mit ihren Ressourcen die wertbeständigsten „fighter against the enemies“ wie Steve Jobs mal die Rolle der Mitarbeiter martialisch veranschaulichte.

Deswegen: Ohne Mitarbeiter, die ihr persönliches „Strickmuster“ gut kennen, es zur erfüllenden Maximierung ihres Potentials abrufen und es zu einer gelingenden Selbstentwicklung einsetzen, verlieren Firmen ihre Zukunftsfähigkeit.

 

Weil wir Spaß auch an lästigen Aufgaben finden können

Dass spannende Aufgaben ungeheuer motivieren und zufrieden machen, ist eine alte Binse. Wie sieht es aber im Durchschnitt unseres Daseins aus? Trotz hoher Anforderungen, wachsender Gestaltungsmacht und Verantwortung müssen wir über den Tag gesehen eine Menge durchschnittlicher und zum Teil hoch automatisierter Situationen ertragen.

Wer dabei seine Selbstführungsfähigkeit einbringt, ist gut dran: Denn er wird seine Aufmerksamkeit auf die bewusst von ihm zu steuernden Wahrnehmungen und Aufgabenteile richten und sich nicht in diffuser Unzufriedenheit verlieren. Die wichtigsten Selbstführungsstrategien dazu sind:

  • Auf die (wenigen) sinnstiftenden Aufgabenaspekte fokussieren

(Der Straßenreiniger, der Spaß an seinem Anteil an einer sauberen Stadt hat)

  • Tätigkeiten im Ablauf mit verschiedenen Varianten bildlich vorstellen

(Der Straßenreiniger, der mal mit und mal ohne Hightech-Gerät Laub entfernt)

  • Tätigkeiten mit angenehmen Zusatzaktivitäten verbinden

(Der Straßenreiniger, der freundlich mit Passanten über Umweltschonung parliert)

  • Monotone Tätigkeiten mit lustvollen Gedanken flankieren

(Der Straßenreiniger, der beim Kehren an seinen letzten Skatabend denkt)

  • Die Aufgabe zufrieden als erledigt vorstellen

(Der Straßenreiniger, der sich gedanklich am blank geputzten Gehsteig erfreut)

  • Die Kraft des inneren Zwiegesprächs nutzen

(Der Straßenreiniger, der sich seinen Beitrag zur sauberen Kommune im inneren Monolog erzählt)

  • Den Abschluss einer Tätigkeit „feiern“

(Der Straßenreiniger, der den gefegten Bürgersteig zufrieden als sein Werk betrachtet).

 

Die bewusste Kontrolle über sein Tun zu übernehmen, bedeutet, sich oberhalb der Bewusstseinsschwelle am Positiven auszurichten und nicht den diffus lauernden Unzufriedenheiten anheim zu fallen. Ein erster Schritt dazu liegt in der Anleitung und Ermutigung zur Selbstführung.

 

Weil wir Burnout vorbeugen können

So vielfältig und oft zitiert der Begriff Burnout ist, so schillernd und diffus ist er auch. Ebenso zahlreich sind die von oft selbsternannten Experten proklamierten Interventionen. Wenn es nun schon für Fachleute schwierig ist, Burnout diagnostisch präzise zu erfassen und therapeutische Maßnahmen einzuleiten, was sollen dann Führungskräfte mit diesem neuen Phänomen des Arbeitslebens anfangen? Vermutlich nichts Zielführendes. In der Folge entstehen kosmetische Alibiveranstaltungen, mit denen der Arbeitgeber sein möglicherweise soziales Gewissen beruhigt, den gefährdeten Mitarbeitern aber nicht hilft.

Sich gestresst und ausgebrannt fühlen, hat sicherlich verschiedenste Ursachen. Diese können in der Arbeitsmenge, Führungsqualität, Kommunikation und Betriebskultur liegen oder auch in ständig erhöhter Leistungs- und Arbeitsbereitschaft, aber eben auch – und hier ist ein wichtiger Ansatz zu sehen - in der persönlichen Achtsamkeit und Einstellung zu sich und den Anforderungen.

Aus zahlreichen Coachings und Langzeitbeobachtungen in Betrieben können wir resümieren, dass Menschen, die

  • gut wahrnehmen können, wie sie denken, fühlen und wie es ihnen geht,
  • ihre inneren Ressourcen bzw. Potentiale kennen,
  • Stärken, aber auch ihre Schwächen gezielt zur Bewältigung von Anforderungen nutzen und
  • selbstbestimmt an persönlichen Wachstumszielen ihre Entwicklung aktiv beeinflussen

mit Belastung und Beanspruchung wirkungsvoller umgehen können. Diese Fähigkeiten sind im Sinne einer proaktiven Selbstführung mit Trainings und Coachings äußerst wirkungsmächtig zu entwickeln. Sie werden auch wichtiger denn je, denn es ist kaum zu erwarten, dass der Rhythmus der Wirtschaft, die Beanspruchungen und Belastungen weniger werden lassen. Im Gegenteil.

Vorausschauende und moderne Prävention und Personalentwicklung wird sich dadurch auszeichnen, die Mitarbeiter in ihrer Individualität und Widerstandskraft zu fördern und ihnen keine Alibiveranstaltungen anzubieten.

Nicht nur Effizienz, Spaß und Prävention sollten das Invest in die Selbstführungsfähigkeit von Fach- und Führungskräften begründen, sondern auch die zunehmende Komplexität der Arbeitswelt und die zunehmend verlorengehende innere Transparenz der viel zu oft von äußeren Reizen beeinflussten und manipulierten Menschen sprechen für die Stärkung der Persönlichkeit.

Diese Art Persönlichkeitsentwicklung ist kein Hexenwerk von Glaub-An-Dich-Junkies oder Motivationsgurus, sondern empirisch begründetes Erarbeiten und Umsetzen mentaler, affektiver und verhaltensbezogener ganz individueller Strategien. Im Leistungssport seit Langem praktiziert. Mit etwas Mut passt sie auch in die Personalentwicklung!

Mehr Informationen zum Thema  in den bei Hogrefe Verlag Hans Huber erschienen Bücher „Selbstführung. Wege zu einem erfüllten Berufs- und Arbeitsleben“ und „Praxisfeld Selbstführung. Der Werk- und Denkzeugkasten für den Einsatz persönlicher Ressourcen“ (s.auch Startseite - Aktuell). 

 

 

 

Kommentare

Interessanter Blog. Besonders auch deswegen, weil er weit weg von dem Selbstoptimierungswahn der Selbstverliebten Karrieristen ist. Zu ergänzen wäre noch der Grund: Weil flache Hierarchien nur mit "selbständigen" Mitarbeitern funktionieren können.

Danke, Herr Frenzel, für die m.M. nach wichtige Ergänzung. Wer flache Hierarchien als zweckmäßig betrachtet, der muss gewissermaßen selbstständig arbeiten wollende Mitarbeiter wollen.

Viele Grüße aus Heiligenhaus

Walter Braun

Wir gestatten unseren Mitarbeitern weitestgehende Befugnisse und stellen unterm Strich fest, dass damit Engagement und Verantwortlichkeit zunehmen ohne, dass wir darüber große Worte verlieren. Wer seinen Leuten Verantwortung zutraut, bekommt sie auch. Selbstführung inklusive.

Was ein mental starker Mitarbeiter aus sich rausholen kann, erleben wir gerade im Coaching eines Leistungsträgers, der mit einem "Mentalcoach" an seinen Zielen arbeitet:Lust auf Leistung, Fixierung auf Effizienz, Konzentration aufs Gelingen, Exitpläne für den Notfall. Klare Bestätigung für die ersten beiden Punkte.

Ich bin begeistert von Ihren Thesen und sehe das als langjährige Führungskraft ganz genau so. Allerdings musste ich auch immer wieder feststellen, dass die Bereitschaft, Freiheiten anzunehmen (oder sich herauszunehmen) hinter der Bereitschaft, dafür auch die Verantwortung zu übernehmen, signifikant zurücksteht. Meine Devise ist daher immer: Freiheit gegen Verantwortung. Letztlich kommt es auf den jeweiligen Menschen an. Wenn es der oder die Richtige ist, dann gibt es auch keine Probleme. Wie Sie ja völlig zu recht schreiben: Mit Kommando-u. Kontroll-"Kultur" bzw. Organigramm-Ideologie wird man die Herausforderungen der Zukunft nicht bewältigen.

Hallo Herr Hesse, Ihr differenzierender Kommentar gefällt mir sehr gut. Danke dafür. Freiheit und Verantwortung sind eineiige Zwillinge einer gleichermaßen humanen wie leistungsbezogenen Führungs- und Unternehmenskultur. An einer anderen Stelle sagte mir mal ein Mitarbeiter eines Industriekunden, "Man muss uns nur machen lassen, dann geben wir alles". Wenn solche Mitarbeiter dann anstatt mit Standardführungsseminaren mit selbstführunginitiierenden Trainingsformaten unterstützt werden, kann sich so nach und nach auch eine solche Verantwortungskultur ergeben.

Viele Grüße aus Heiligenhaus

Walter Braun

Neuen Kommentar schreiben

(If you're a human, don't change the following field)
Your first name.
(If you're a human, don't change the following field)
Your first name.
(If you're a human, don't change the following field)
Your first name.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Internet- und E-Mail-Adressen werden automatisch umgewandelt.
  • HTML - Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.