Führung - was wirklich zählt

System Management

Von Walter Braun

Seit Langem ist meines Erachtens ein besorgniserregendes Phänomen in Unternehmen zu beobachten: Es gibt zwar immer mehr Führungskonzepte und -schulungen, die Stimmung in der Belegschaft aber bleibt konstant schlecht.

Trotz wortstarker Empfehlungen wie „New Work“, TQM, Transformationales Führen oder Mitarbeitergespräche bleibt Befragungen zufolge die Mitarbeiterzufriedenheit auf konstant niedrigem Niveau. Ob TÜV-, Gallup- oder andere Studien, die geringe emotionale Bindung der Mitarbeiter an ihre Betriebe eint alle Ergebnisse.

Demnach sind erschreckende 70 – 80 % der Befragten emotional zu ihren Unternehmen auf Distanz. Gleichzeitig weiß aber auch die Mehrzahl der Unternehmenslenker, dass loyale, engagierte und kompetente Mitarbeiter produktiv sind und insbesondere zur Kundenzufriedenheit wesentliche beitragen.

Da läuft gewaltig etwas schief in deutschen Unternehmen. Offenbar sind Führungsgrundsätze und Führungstrainings Lippenbekenntnisse, dilettantisch umgesetzt, unverbindliche Appellveranstaltungen, theorie-/praxisfern oder eine Mischung von allem.

Hängt möglicherweise die innerliche Abkehr der Menschen von ihren Arbeitgebern gar mit der Erkenntnis zusammen, dass die installierten Führungsstandards und –instrumente zwar von einigen wenigen Verantwortlichen gewünscht, aber im Großen und Ganzen bitteschön nicht überbewertet sein sollen – „die Leute sollen ihren Job erledigen, dafür werden sie ja schließlich auch bezahlt – und gut ist’s“. Im Grunde herrscht eine solche Meinung wohl implizit noch weit verbreitet bei Vorgesetzten vor. Es traut sie nur keiner offen auszusprechen.

Wie mit einer solchen Grundeinstellung Geld verbrannt wird, zeigen volkswirtschaftliche Schätzungen von Managementforschern. Demnach ergibt sich in Deutschland ein jährliches Minus in dreistelliger Milliardenhöhe durch unzufriedene Mitarbeiter.

Da sollten auch betriebswirtschaftlich Denkende ins Grübeln kommen und im eigenen Unternehmen nach Führungsdefiziten Ausschau halten. Die Sunk Costs könnten schließlich auch damit zusammen hängen, inwieweit die Führungskonzepte Standard- und must-to-have- Charakter besitzen oder eben nachhaltig angelegt sind. Nachhaltig wirken sie dann, wenn sie einen Bezug zur Arbeitsrealität und den Mitarbeitern haben. Denn erst dann, wenn sich Mitarbeiter von den Instrumenten angesprochen und ihren Vorgesetzten angenommen und wertgeschätzt fühlen, entfaltet Führung ihre Effekte.

Wer gerade in Zeiten des Renditedrucks auf Command und Control abonniert ist, wird spätestens dann scheitern, wenn Mitarbeiter ausgepowert und in der inneren Kündigung sind. Wer voraussetzungsfrei auf Eigenverantwortung seiner Leute setzt, riskiert Überforderung und Orientierungslosigkeit, wenn er den dafür notwendigen Handlungsspielraum, das Vertrauen und die Kompetenzen nicht gezielt fördert. Wer meint, Führungskräfte in partizipativen Entscheidungstechniken schulen zu müssen, ohne die starren Organigrammstrukturen aufzulösen, wird Frustration erzeugen, weil Direktionsmentalität eine echte Mitwirkung vernebelt. Und wer Arbeitsergebnissen so misstraut, dass er sie bereits in ihrer Entstehung penibel kontrolliert, darf sich nicht wundern, dass Eigeninitiative und Mut zum Risiko schnell eingestellt werden.

Es wird also höchste Zeit, die Ressource Führung zu checken, ob sie

  • zeitgemäß ausgerichtet und den Unternehmenszielen angemessen definiert ist,
  • auf Bedarfen und Bedürfnissen aller Betroffenen fußt,
  • in der Personalentwicklung konzeptionell und adäquat abgebildet ist,
  • an Menschenbildern und Einstellungen der Führungskräfte ansetzt und
  • fortlaufend hinsichtlich ihrer Effekte bewertet und gegebenenfalls angepasst wird.

Was zählt, sind nicht modern klingende Namen, sondern die Evidenz der praktizierten Konzepte. Wenn etwa Offenheit und Wertschätzung betriebsrelevante Bedeutung haben, dann müssen diese im Verhalten des Vorgesetzten glaubwürdig sichtbar werden – unabhängig vom favorisierten Führungsansatz.

Kommentare

Es braucht keine Führung von oben nach unten. Es reicht, wenn einer die Arbeit koordiniert und die Mitarbeiter ernst nimmt und machen lässt. Dazu brauchst keine Schulungskonzepte, sondern Menschen mit gesundem Menschenverstand!

Wahrscheinlich hat ein Vorgesetzter auch Einfluss auf die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrer Firma. Ihm aber die Hauptlast zuzurechnen, ist Zuviel des Guten. Aufgabenart, Kollegen, Anreize, Karrierechancen, Bezahlung,....müssen als Ganzes betrachtet werden. Es ist wie bei Vielem: Monokausalität gibt es in der sozialen Welt der Unternehmen nicht.

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